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advertorial MoZ Ausgabe 34/20 I Seite 28 Streit um die Außengastronomie macht Betreibern des Biergartens Schlimgen zu schaffen Ist das Wahrzeichen der Mondorfer Geselligkeit bedroht? Niederkassel/Bonn, 17.8.2020. Unter den Füßen knirscht der Kies, überm Kopf spenden jahrhundertealte Kastanien und Linden Schatten, und der Blick fällt auf das unterhalb liegende Rheinpanorama mit gemächlich vorbeiziehenden Kähnen. Sommerzeit ist Biergartenzeit. Und die Gaststätte Schlimgen in Mondorf verköpert auch für die gelegentlich eintrudelnden ausländischen Gäste das Phänomen des „German Beergarden“ so typisch wie nur noch wenige an der Rheinroute zwischen Köln und Bonn. Fast sieht es hier immer noch aus, wie auf alten Schwarz-Weiß-Fotos von 1910, dem Jahr in dem die „Schankerlaubniserweiterung für den Gartenbetrieb“ erteilt wurde. Nur, dass die Gäste jetzt luftige Freizeit Outfits statt Anzug, Hut und wadenlanger Kleider tragen und die Gesichter der Bedienenden – zumindest derzeit – von Masken geziert werden. Ansonsten aber geht es hier wie eh und je fröhlich-entspannt und eher bürgerlich-gediegen zu. Keine Spur von Festgelagen, Techno-Parties oder sonstigem Rummel. Dennoch haben die Betreiber immer wieder mit Beschwerden wegen angeblicher Lärmbelästigung und zunehmenden Restriktionen durch die Behörden zu kämpfen. Nun will man in die Offensive gehen und das Gespräch mit allen Beteiligten suchen, um die traditionsreiche Gastronomie in Mondorf zu retten. „Wir wollen ja hier keine Riesenfeten veranstalten“, sagt das Betreiber-Ehepaar des Schlimgen, Ute und Klaus Hartfeld. Aber mal ein kleineres Motto-Fest oder Live Musik im Sommer, das soll schon sein. Das letzte Konzert fand im vergangenen September statt – da spielte die spanische Gruppe Los Manolos auf. Oder sollte es zumindest. Denn noch während die Gruppe gegen 19.30 Uhr beim Einspielen war, kamen die ersten Beschwerden und mit ihnen Mitarbeiter des Ordnungsamtes, so dass alles nach drinnen, in den dafür eigentlich zu kleinen Wintergarten, verlagert werden musste. Ringen um gleiche Standards für alle „Wir wissen, wer in der Nachbarschaft sich da beschwert und haben das Problem schon von den Vorpächtern geerbt“, so Klaus Hartfeld, der das Schlimgen seit 2018 betreibt. Doch man will keinen Streit, sondern sucht den Dialog. Hartfeld: „Vor allem brauchen wir klare Standards, etwa für die maximale Anzahl der Dezibel, und gleiche Bedingungen für alle.“ Denn während manche Gastronomie Betriebe, ähnlich wie das Schlimgen, unter stets strikter werdenden Auflagen leiden und bereits ab 22 Uhr keine Musik mehr machen dürfen, geht andernorts die lautstarke Party um eine solche Uhrzeit erst los – etwa am Mondorfer Rheinufer, auf der auch gerade bei Jugendlichen beliebten Wiesen und Parkplatzfläche neben dem Spielplatz. Gesprächsversuche mit der Stadt Niederkassel haben bisher nicht gefruchtet. „Wenn das so weiter geht, dann verlieren wir auch die Lust an dem Betrieb. Man kommt sich wie kastriert vor“, sagt Ute Hartfeld. Doch noch will sie nicht aufgeben. „Wäre doch schlimm, wenn hier anstelle des schönen und traditionsreichen Biergartens eines Tages nur noch ein Wohnblock stehen würde.“ Tatsächlich ist die historische Bedeutung des Schlimgen für Mondorf groß. Das weiß auch Roland Klinger, Hobby-Historiker, der einst von der Mosel an den Rhein zog und sein Herz an Mondorf verlor. Er betreibt eine Internet Seite, die viele alte Fotos und Ansichtskarten des Ortes enthält – der baumreiche Biergarten mit seinen rund 200 Plätzen ist sehr oft darauf zu sehen. Da erfährt man auch, dass die gleichnamige Brauerei bereits 1890 von Johan Schlimgen gegründet wurde. Symbol der Mondorfer Kultur Klinger kennt den schon lange währenden Streit um die angeblich zu laute Außengastronomie – und er hofft ebenso, dass sich eine Lösung findet. „Dieser Biergarten darf als Institution und Symbol des Mondorfer Lebens nicht verloren gehen.“ Denn gerade das ist es ja, was eine Dorfstruktur ausmacht: das gesellige Leben miteinander – auch draußen. Klinger: „Früher stand vor den Häusern eine Bank, und die Leute haben sich draußen zum Schwatz getroffen. Oder sie haben in ihren Vereinen gefeiert. Davon sind viel zu viele schon verschwunden.“ Klinger macht sich wie das Ehepaar Hartberg dafür stark, dass diese Kultur nicht ganz verschwindet – so wie es auch schon in vielen anderen Dörfern und Kleinstädten zu beobachten ist. Dabei geht es natürlich um das Schlimgen – aber nicht nur. Andere Gastronomie Betriebe leiden ebenso unter Restriktionen. Die Offensive Richtung Öffentlichkeit ist nun ein erster Schritt. Hoffentlich auf dem Weg zum Dialog und zu einer für alle tragfähigen Lösung. Dafür ist allerdings die Gesprächsbereitschaft der Stadt Niederkassel und der zuständigen Ordnungsbehörde unerlässlich. Weitere Infos und Bildmaterial: www.schlimgen-mittendrin.de www.roland-klinger.de q ... denn wir sind von hier! Foto: Archiv Roland Klinger


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